1) Globalisierung und die scheinbare Selbstverständlichkeit
Bis ca. 1970 waren Frittüren so gut wie die einzige Alternative zu den teureren Restaurantbesuchen, wenn man nicht selbst kochen wollte. Aber 1966 wird in Belgien das erste Resto-GB Selfservice eröffnet (inzwischen 70 Lunch Gardens), 1971 gibt es den ersten Quick (momentan 92 Niederlassungen), 1978 wird der erste Mc Donalds eröffnet (jetzt 75 Niederlassungen) und 30 Jahre später erscheinen unzählige Pizzerien, Kebabhäuser und chinesische (Abhol-)Restaurants. Mit einer ziemlich konstanten Anzahl von 5000 Frittüren scheint das Frittenbudenphänomen erstaunlicherweise stabil geblieben zu sein, aber wie lange noch…?
Vielen ist schon aufgefallen, wie sehr eine Einkaufsstraße in Helsinki immer mehr denen in Frankfurt, Barcelona oder Antwerpen ähnelt. Überall dieselben Marken, Geschäfte, Ketten und ‚Konzepte‘ …. Die – auch buchstäbliche – Globalisierung von Geschmack könnte, angesichts der finanziellen und logistischen Macht der großen Ketten, viel schneller als erwartet, das Ende unserer einzigartigen und naturgemäß individualistischen Frittenbudenkultur bedeuten.
2) Flexibilisierung der Gesetze
Es mag paradox erscheinen, aber eigentlich wird der Beruf des Frittürenbetreibers, über einen unbeabsichtigten Umweg, gesetzlich geschützt...
Jeder der in Belgien ein Restaurant eröffnen möchte, muss über ein Kochdiplom verfügen. Das sogenannte „Niederlassungsgesetz“ (K.E. vom 13.06.1984) beschreibt die Berufstätigkeit des Restaurateurs wie folgt: „die normale und selbständige Zubereitung von warmen und kalten Mahlzeiten, die dazu bestimmt sind, vor Ort in der Einrichtung verzehrt zu werden, oder die von ihm außerhalb der Einrichtung serviert werden.“ Unter „Zubereitung“ wird verstanden: „das Herrichten, Zusammenstellen, Präsentieren, Aufwärmen ODER Auftauen.“ Also jeder...
Jeder? …. Nein. Im Niederlassungsgesetz sind eine Anzahl Ausnahmen vorgesehen: “Die Zubereitung in Frittierfett/Öl von Fritten aus Kartoffeln und für diese Zubereitung vollständig eingekaufte Waren; das Servieren von Soßen, eingelegten Muscheln, gekochten Würsten, Gurken, Flämischer Karbonade, Gulasch und Bällchen in Tomatensauce“ – kurz gesagt: eine Frittüre… – ist freigestellt von der Diplomanforderung, sofern „diese nicht kombiniert werden mit anderen Produkten, wie beispielsweise mit kalten Salaten, Pfannkuchen, Croques und sonstigen Toasts”… Wer einmal Fritten mit Mayo und Flämischer Karbonade serviert, hat ein Frittüre, aber wenn dann ein Blatt Salat hinzukommt…, dann ist die Rede von einem Restaurant.
Selbstverständlich gibt es für einen diplomierten Koch keinen einzigen Grund, sich auf das ‚ einfache‘ Frittürenangebot zu ‚beschränken‘, aber das bedeutet eben auch, dass Personen ohne Diplom sich deshalb (zwangsläufig) auf die Zubereitung dieser spezifischen Produkte spezialisieren….
Laut der europäischen Dienstleistungsrichtlinie müssen die EU-Länder die Verfahren für die Gründung eines Dienstleistungsunternehmens vereinfachen und harmonisieren. Das Ziel ist es, dafür zu sorgen, dass „Dienstleistungserbringer“ einfacher überall in Europa starten können, wobei ein Mitgliedsstaat nur aus Gründen des Allgemeininteresses besondere Anforderungen stellen darf.
Im Gegensatz zu Belgien haben die meisten EU-Länder kein Gaststätten-Niederlassungsgesetz (mehr) und Europa fordert, dass diese Einschränkungen bis 2017 abgeschafft werden. Da mit der 6. Staatsreform u. a. die Zuständigkeit hinsichtlich der Handelsvorschriften auf die Regionen übertragen wurde, muss jede Region dies jetzt individuell weiter behandeln.
3) Mangelnder Berufsstolz
Nichts ist so typisch belgisch wie die Frittenbudenkultur… und so ist es auch mit dem Mangel an Chauvinismus und Stolz. Es gibt nur wenige Berufe, wobei deren Vertreter so viel Diskretion an den Tag legen. Viele Frittürenbetreiber fühlen sich nicht ernst genommen und werden eher sagen, sie würden „im Gaststättengewerbe“ arbeiten oder einen Imbiss betreiben als öffentlich zu verkünden, dass sie „nur“ eine Frittüre haben…
Schlussfolgerung
Durch einen glücklichen Umstand scheint die Frittenbudenkultur noch nicht von der Globalisierungswalze überrollt worden zu sein. Zudem sorgte das belgische Niederlassungsgesetz dafür, dass Frittüren sich zwangsweise auf das typische Frittürensortiment spezialisieren müssen. Diese Materie wurde jetzt auf die Regionen übertragen und die europäische Geduld ist bald zu Ende ...
Leider könnten die Frittürenbetreiber selbst die größte Gefahr für den Verfall der Frittenbudenkultur darstellen… Aufgrund des mangelnden Stolzes und der geringen Wertschätzung ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass sie nach der Abschaffung des Niederlassungsgesetzes als erste ihre Frittüre in einen ‚vollwertigen‘ Imbiss umwandeln werden…
rolex replica watches Audemars Piguet Replica Watches www.topapwatch.com|Car Wraps
vzw Navefri - Unafri asbl
Schillekensberg 21 3460 Bekkevoort
info@navefri-unafri.be
Nutzen Sie das Kontaktformular